Bußgeldbescheid: Schicksalszahl 1

Kennen Sie das, die sportliche Herausforderung beim Tanken des Autos den Bargeldbetrag mit einer Null enden zu lassen, aber stattdessen schleicht sich immer wieder die Null-Eins hinter dem Komma ein? Aber nicht nur an der Zapfsäule führt die Eins zu verzweifelten Kopfschüttlern, sondern auch im Rahmen von Ordnungswidrigkeiten, wie z. B. dem Bußgeldbescheid bei Geschwindigkeitsüberschreitungen.

Ratgeber/Recht – In meiner langjährigen Tätigkeit als Rechtsanwalt habe ich für meine Mandanten gegen so manchen Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt und um genau diesen 1 km/h gefeilscht, der bewirkt hat, dass der Mandant in der Einstufung in die nächsthöhere Bußgeldstufe rückte, mit der Folge das es teurer wird und/oder sogar der/die gefürchtete/n Punkt/e in Flensburg (Fahreignungsregister) oder ein Fahrverbot auf  den – angeblichen – „Verkehrssünder“ hätte zukommen können.

Das ist nicht nur ärgerlich, sondern bietet auch durchaus Anlass mit einem Einspruch genauer nachzufassen, denn nicht jeder Bußgeldbescheid ist rechtmäßig ergangen. Aber Achtung, für den Einspruch verbleiben genau zwei Wochen, nachdem der Bußgeldbescheid zugestellt wurde, um diesen einzulegen.

In einem Beispielfall, den ich jüngst vor Gericht erfolgreich verhandeln konnte, war genau dieser eine km/h der Dreh- und Angelpunkt, ob mein Mandant, ein Berufskraftfahrer, seinen Führerschein behalten durfte oder den Führerschein und somit auch seinen Job verliert. Ein gerichtlich bestelltes Sachverständigengutachten hat in diesem Fall aufgezeigt, was alles bei der Aufstellung der Radarfalle zu beachten ist, wer das darf, welche Schulungen hierfür notwendig sind und ob sie absolviert wurden, wer mit welcher Prüfung die Messergebnisse auswertet, welche Voraussetzungen an den Messort vorliegen müssen, um eine möglichst unanfechtbare Messung der Geschwindigkeit gewährleisten zu können, ob die Messgeräte korrekt eingestellt waren, und, und, und, und …

Foto: andibreit/Pixabay

Die Sachverständigenbefragung vor Gericht ergab dann das für meinen Mandanten notwendige Ergebnis: Die Geschwindigkeit hätte auch um genau 1 km/h geringer sein können, als bei der Auswertung der Messergebnisse im Bußgeldbescheid angenommen wurde. Der Grund lag einfach daran, dass auf dem Bild nicht zu erkennen war, ob der vom Mandanten geführte LKW wirklich exakt parallel zur Bordsteinkante gefahren ist. Eine Abweichung um 2 Grad hätte einen Geschwindigkeitsunterschied von 0,6 km/h ergeben, der aufgerundet genau der benötigte 1 km/h gewesen ist, damit mein Mandant auch weiterhin seinem Beruf als Berufskraftfahrer nachgehen kann.

Aber nicht nur bei Geschwindigkeitsüberschreitungen lohnt es sich genauer hinzusehen, sondern der Ordnungswidrigkeitenkatalog hat noch weitere Verstöße gelistet, wie Falschparken, Abstandsverstöße, Beleuchtungsverstöße, Rotlichtverstoß, Handy am Steuer und vieles mehr, die im Falle eines zugestellten Bußgeldbescheides genauer geprüft werden sollten.

Zum einen kann der Bußgeldbescheid formelle Mängel aufweisen, die die Rechtmäßigkeit bereits in Frage stellen können. Zum anderen kann aber auch der vorgeworfene Tatbestand schlichtweg unzutreffend sein.

Hierzu ist zu prüfen, ob das ermittelte Kennzeichen überhaupt dem beschuldigten Fahrer zuzuordnen ist oder ob nicht doch eine Verwechslung vorliegen könnte. Selbiges gilt für die Prüfung, ob der Fahrzeughalter auch tatsächlich an diesem Tag das Fahrzeug gefahren hat oder ob es nicht doch ein Familienmitglied oder jemand aus dem Freundeskreis gewesen ist.

Bußgeldbescheide müssen im Ergebnis nicht immer stillschweigend hingenommen werden, sondern es lohnt sich, gerade wenn empfindliche Strafen drohen, mit dem Einspruch dagegen vorzugehen. Hilft die Behörde dem Bescheid daraufhin nicht ab und hält ihn weiter aufrecht, kommt es zum Gerichtsverfahren. In der Hauptverhandlung vor dem zuständigem Amtsgericht, wird dann entweder mit der Einstellung  des Verfahrens oder mit einem Urteil entschieden. Das Urteil kann aber nicht nur den Bußgeldbescheid bestätigen oder ihn zugunsten des Betroffenen ändern, sondern es könnte sogar im schlimmsten Fall zu einer Erhöhung der Strafe führen.

Gerade aus diesem Grund sollte in jedem Verfahrensstadium, also auch schon im Einspruchsverfahren, ein Rechtsanwalt mit Erfahrung im Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitenrecht aufgesucht und eingeschaltet werden.


Unser Autor, Rechtsanwalt Hans-Joachim Baumbach, ist in der Anwaltskanzlei Baumbach Mönchengladbach/Viersen tätig (www.abc-rae.de). Den Schwerpunkt bilden Mandate aus den Bereichen Arbeitsrecht, Verkehrsrecht, Insolvenzrecht, Inkasso & Forderungen sowie Familienrecht.

 

 

4 Kommentare

  1. Bei allem Respekt:

    Mist gebaut ist Mist gebaut, dafür hat man geradezustehen!
    Sich mit „Tricks und, sorry, Korinthen kacken“ an Bestrafung vorbei zu drücken, oder diese abzumildern ist feige und hinterhältig !
    Schließlich kann man sich vorher überlegen, was man tut.

    1. @Opa
      Sie sind ja ansonsten mit ihren Zuschriften stets sachlich (manchmal auch ironisch) und informiert aufgefallen. Aber der Kommentar ist nun wirklich unter ihrem Niveau.
      Recht im Rechtsstaat ist eine komplizierte Sache und muss/sollte sehr genaustens gehandhabt werden.
      Da von „Korinthenkackerei“ zu sprechen ist unangebracht.
      Insbesondere dann, wenn Behörden die Geschwindigkeitsüberwachung zur Einnahmensteigerung verwenden!
      Allerdings muss ich auch anmerken: Hier sind es 1 km/h die über eine Existenz entscheiden können und um die mit allen Mitteln vor Gericht gefochten wird. Und andererseits begehen Chaoten-Kleber, Clanschläger, Asyl-und Sozialbetrüger usw. usw. massenweise auch schwere Straftaten und werden entweder gar nicht belangt oder von der Justiz verhätschelt. Das passt dann wieder gar nicht zusammen und zeigt, wie ideologisch verdorben unser Rechtssystem schon ist.

      1. Geschätzter Don Draper

        Fakt ist und bleibt, dass im genannten Fall eine Strafverfolgung gar nicht erst in Gang gesetzt worden wäre, hätte sich der „Böse“ rechtskonform verhalten. 😉

        Im Falle der anderen, von ihnen erwähnten Übeltäter, stimme ich ihnen gänzlich zu.
        Die Liste der Übeltäter ließe sich noch mit diversen Straftätern fortsetzen.
        Unsere Gesetze sind grundsätzlich ausreichend, leider ist jedoch unsere Justiz absolut nicht fähig, die Möglichkeiten der Gesetzgebung umzusetzen.

  2. Lieber Don ich bin der gleichen Meinung wie Sie, aber auch jeder der zu uns kommt, bekommt kaum Strafe oder wird Ausgewiesen.
    Er bekommt sogar mehr als einer der 40 Jahre gearbeitet hat, dem wird die Rente gekürzt und muss sogar dann Ausziehen.
    Der andere ist egal bekommt die Wohnung die gerade fertig gebaut ist mit Strom und Heizung und Bürgergeld was der Arbeitnehmer alleine in der Rentenkasse Einbezahlt hat.
    Die Knöllchen bekommt der, der ständig Beruflich Unterwegs ist und manchmal in solch einen Druck sitzt das er nicht anders kann und zahlt oft über 60 Euro.
    Das ist ungerecht und nicht Reell,
    Asyl und Sozialbetrüger kenne ich viele, aber die haben ja adere Gesetze die nur für uns Deutsche Zählen.
    Sie sagen es richtig, man fragt sich wo leben wir?
    Keine Akzeptanz mehr.
    Die Eintreiber die das Geld reinholen müssen, Sie fliegen ja morgens wie Drohnen aus, als wenn Sie von der Bürgermeisterin Ferngesteuert würden.

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